Nieder mit den Idolen!
(Text
basiert auf dem Buch Vom Denken von Konrad Liessman et al, S.
46; meine Kommentare sind kursiv)
Im Novum
Organum beschrieb Bacon die Idole (Trugbilder) als Vorurteile, welche
den menschlichen Verstand belagern und Erkenntnis erschweren. Woher
stammen diese Idole?
Idola
tribus (Trugbilder des Stammes): Irrtümer, die in der Natur des
Menschen liegen. Menschen ziehen es vor, das zu denken, was ihren
Interessen am meisten entspricht.
Der
Stamm der Menschen - um beim Begriff von Bacon zu bleiben – hat
sich seit Jahrtausenden die Erde untertan gemacht und deren
Mitbewohner (nichtmenschliche Tiere) ausgebeutet. Menschen
verfallen dem Irrtum, dass sie als Krone der Schöpfung ein
natürliches Recht darauf haben, nichtmenschliche Tiere zu töten und
zu essen. Das Interesse eines Menschen, ein Leichenteil (z.B. Steak)
zu genießen, gilt im Vergleich zum Interesse des dafür getöteten
Tieres als höherwertig.
Idola
specus (Trugbiler der Höhle): Persönliche Vorurteile eines
Menschen, die aufgrund seiner eigenen Perspektive (also seiner Höhle)
enstanden sind.
Ich
hatte in den letzten Jahren mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen
(Nasennebenhöhlenentzündung, Hausstauballergie,...). Mein Vater hat
das immer wieder gerne auf meine vegane Ernährung zurückgeführt,
die für ihn als ungesund gilt. In Wahrheit waren meine Symptome mehr
psychisch bedingt. Es ist aber verständlich, dass mein Vater einen
Schuldigen für meinen Zustand braucht und wer eignet sich da besser,
als diese verrückte vegane Lebensweise (das Fremde!). Aus seiner
Perspektive ist die vegane Lebensweise nicht geeignet, da er ja
selbst erfahren hat, was sie mit seinem Sohn angestellt hat. Das
Vorurteil konnte ich inzwischen sehr gut entkräften, da ich sehr
sportlich bin und dennoch taucht es in Diskussionen gerne wieder mal
auf...
Idola
fori (Trugbilder des Marktes): Trugbilder, die durch fehlerhafte
zwischenmenschliche Kommunikation zu Missverständnissen führen.
Durch unklare Bezeichnungen und schlechte Definitionen wird der
Verstand in die Irre geführt.
Der
Begriff Menschen und Tiere
ist dafür ein Paradebeispiel. Dieses Konstrukt erweckt nämlich den
Eindruck, als wären Menschen und Tiere etwas Verschiedenes, ja sogar
Gegensätzliches. Dabei sind Menschen natürlich Säugetiere und
zählen damit zu den Tieren. Der Begriff Menschen
und Tiere ist also falsch. Genauso falsch wäre es, von
Katzen und Tieren zu
sprechen, da Katzen ja ebenfalls zu den Tieren gehören. Weitere
falsche Beispiele: Gabel und Besteck, Porsche und Autos, Bibel und
Bücher, ... Vorschläge für richtige Begriffe: Menschen
und andere Tiere, Menschen und nichtmenschliche Tiere (oder
die Umkehrung davon, um die diskriminierte Gruppe mal zuerst zu
nennen: Nichtmenschliche Tiere
und Menschen).
Idola
theatri (Trugbilder des Theaters): Überlieferte philosophische
Systeme, die traditionelle Theorien aufrechterhalten und an ein
Theater erinnern. Hypothesen werden kritiklos übernommen.
Dazu
fällt mir die Philosophie des Christentums ein, die (unbewusst) die
Tradition des Speziesismus am Leben erhält. Daraus folgt folgendes
Trugbild: “Wir Menschen stehen über (nichtmenschlichen) Tieren und
dürfen über sie herrschen, weil Gott sie für uns geschaffen hat!“
Diese Hypothese ist natürlich sehr praktisch für die Menschen, da
sie die Nutznießer (und zudem die eigenen Schöpfer) dieser These
sind. Ob Menschen ebenso stark an Gott glauben würden, wenn Gott
eine andere Spezies (z.B. Katzen) bevorzugte?
Für
Bacon ist der menschliche Verstand keine unfehlbare
Erkenntnismaschine, sondern durchwachsen von Trugbildern. Gefühle
und soziale Einflüsse sind dafür verantwortlich. Sobald die Idole
erkannt und beseitigt sind, sind die Menschen bereit für neue
Erkenntnisse.
Also,
nieder mit den Trugbildern :D
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