Radikal friedlich

Militante und radikale Veganer_innen schrecken vor nichts zurück. Nicht mal beim Essen lassen sie ihre geplagten Mitmenschen in Ruhe...Davon handelt diese fiktive Geschichte.

Ich sitze mit einem Freund im Restaurant. 
Er warnt mich vor: „Wehe, wenn du wieder deine Veganer-Nummer abziehst. Damit gehst du allen auf den Geist.“ 
„Du meinst, wenn ich veganes Essen bestelle?“ frage ich. 
„Ja, genau das! Kannst du nicht mal was Normales essen? Steak zum Beispiel?“, meint er. „Nein Danke, ich esse vegan und dabei bleib ich. Es ist derzeit noch normal, Leichenteile zu essen, doch unterstützen werde ich das nicht mehr.“ 
„O Mann“, stöhnt er auf, „jetzt geht das schon wieder los. Lass mich doch in Ruhe mit deinen Predigten.“ 
„Gut, dann bestellen wir.“ 
Lästig wie ich als Veganer nun mal bin, frage ich beim Kellner nach, ob es auch was Veganes für mich zu Essen gibt. 
„AHA! DA! Schon wieder diese Verbissenheit! Ihr Veganer macht mich noch krank!“, ertappt mich mein Freund bei meinem veganen Terror. 
„Du kannst ja mal von mir probieren. Vielleicht schmeckts dir ja.“, überfalle ich ihn. 
„Netter Versuch, Vegannazi. Missionieren kannst du woanders. Ich bleib bei meinem Schnitzel.“ 
„Ok“, sag ich. 
„Ok, ok, ok“, äfft er mich nach. 
Zurecht. Wie konnte ich ihn auch nur so provozieren? 
„Können wir nicht einfach in Ruhe essen?“, frage ich. 
„Na gut. Aber nur wenn du mit deinem Grinsen aufhörst.“ 
„Ich schau doch immer so“, verteidige ich mich. 
„Wie kannst du nur so glücklich sein bei so viel Leid auf der Welt? Hast du denn gar kein Mitleid?“, blafft er mich an. 
„Ich verbringe meine Lebenszeit dafür, auf das Leid jener aufmerksam zu machen, die es am meisten nötig haben. Das hilft.“, antworte ich. 
„Kellner, bitte bringen Sie uns einen Heiligenschein für den Herrn!“ höhnt er laut, sodass es im ganzen Restaurant zu hören ist. „Es wird sich nichts ändern. NICHTS!“,zischt er.
„ICH habe mich geändert“, erwidere ich. 
„Ja, duuu. Du bist nicht alle. Sieh dich um!“, ruft er und deutet auf die anderen Gäste im Restaurant, die alle Körperteile von verschiedenen Tieren auf ihren Tellern haben. Bis das Essen kommt schweige ich in provokanter Manier. 
„Also ich finde, jeder sollte so leben, wie er will“, sagt mein Freund schließlich und schiebt sich ein Stück Schnitzel in den Mund. 
„Der Gedanke ist mir neu“, antworte ich verblüfft. „Ich bin nur aus Langeweile Veganer geworden. Restaurants, in denen ich alles von der Speisekarte essen kann – wie öde. „Leben und leben lassen, merk dir das“, fügt er hinzu. „Boa, das Schnitzel haut rein.“ „Leben und leben lassen“, stimme ich zu. Gut, dass du mir das beigebracht hast.

Kommentare