Appell an die Öffentlichkeit


Diesen Text habe ich vor einigen Wochen in Innsbruck vorgelesen.


Wir stehen heute hier, um auf eine wichtige Sache aufmerksam zu machen: 
 
Wir leben alle mehr oder weniger auf Kosten der schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft.
Ich spreche nicht von Menschen, sondern von den Tieren. Vor allem sogenannte Nutztiere wie Schweine, Rinder und Hühner leiden massiv unter den schlechten Haltungsbedingungen. Wir möchten gerne glauben, dass die Tiere in der Nutztierhaltung ein schönes Leben führen. Die Werbung tut ja auch alles dafür, um dieses Bild aufrechtzuerhalten. Ein geringer Prozentsatz der Nutztiere hat vielleicht ein schönes Leben – doch was ist mit der überwiegenden Mehrheit der 80 Millionen Tiere, die in Österreich jährlich gehalten und geschlachtet werden? 
 
Ich möchte in aller Kürze darstellen, was Nutztierhaltung in Österreich für die Tiere konkret bedeutet. Die Praktiken, die ich nun exemplarisch aufzählen werde, sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel:
  • Sämtliche Nutztierarten leiden mehr oder weniger unter Platz- und Bewegungsmangel, Stress und Langweile. Dazu kommen durch die schlechte Haltung verursachte Krankheiten und schmerzhafte körperliche Eingriffe. So werden etwa Ferkeln routinemäßig in ihrer ersten Lebenswoche die Hoden abgeschnitten, und zwar ohne Betäubung.
  • Männliche Nachkommen von Legehennen werden am ersten Tag ihres Lebens vergast, weil sie natürlich keine Eier legen können und sich für die Mast nicht rentieren.
  • Der Transport der Tiere zu den Schlachthöfen ist ebenso mit großem Stress verbunden sowie natürlich die letzten Minuten vor der Schlachtung selbst.


Wer sich näher mit der Nutztierhaltung auseinandersetzt, wird noch auf viele weitere Praktiken stoßen, die bei den Tieren großes Leid verursachen. Auch wenn diese leidvollen Praktiken nicht vorkommen würden, bliebe dann immer noch die Nutztierhaltung selbst, die an sich schon problematisch ist. Überlegen wir uns, warum Menschen überhaupt Nutztiere halten. 
 
Was ist das Ziel der Nutztierhaltung? Ist es das Ziel, den Tieren ein langes glückliches Leben zu ermöglichen?
Nein, ist es nicht! Das Ziel der Nutztierhaltung ist wirtschaftlicher Nutzen. Sobald es sich also finanziell nicht mehr rentiert bzw. die geforderte Leistung der Nutztiere nachlässt (seien es Eier von Hühner oder Milch von Kühen), wird also auch der liebenswürdigste Bio-Bauer seine Tiere nicht in die wohlverdiente Pension schicken, sondern sie töten bzw. töten lassen und durch neue Tiere ersetzen. Seine Tiere sind so gesehen für ihn nichts weiter als Mittel zum Zweck. Er mag sich in dem Punkt von anderen Nutztierhaltern unterscheiden, weil seine Tiere in Biohaltung bei ihm weniger leiden. Am Ende sorgt er sich vor allem um sein (wirtschaftliches) Überleben. Es besteht also kein grundlegender Unterschied zwischen einer schlechten und einer besseren Haltung der Tiere, sondern nur ein gradueller. Hätte der besagte Bio-Nutztierhalter gegenüber seinen Tiere tatsächlich eine grundsätzliche Wertschätzung gegenüber seinen Tieren, müsste er diese Tiere am Leben lassen und ihre Interessen erfüllen, so gut er kann. 
 
Was können wir also tun in Anbetracht der misslichen Lage der Tiere?
Es ist einfach. Je mehr Fleisch, Eier und Milchprodukte wir konsumieren, desto mehr unterstützen wir die Tierausbeutung. Wenn wir uns stattdessen häufiger rein pflanzlich ernähren, desto weniger unterstützen wir das Leiden und Töten von Tieren. 
 
Wir haben also zwei Möglichkeiten. 
Erste Möglichkeit: Wir akzeptieren die Tierausbeutung und verändern unser Konsumverhalten aus irgendwelchen Gründen nicht, z.B. aus Bequemlichkeit.
Zweite Möglichkeit: Jeder und jede einzelne von uns übernimmt Verantwortung und setzt konkrete Schritte, um die Tierausbeutung zumindest weniger mitzufinanzieren. Wir haben bei jeder einzelnen Mahlzeit – ich wiederhole: bei jeder einzelnen Mahlzeit – die Chance dazu, ein Zeichen gegen Tierausbeutung und für Fairness zu setzen. Je öfter wir diese Chance nutzen, desto besser. Wenn wir konsequent sein wollen, können wir uns komplett vegan ernähren. Das wäre das stärkste Zeichen von Protest überhaupt. Doch es wäre auch schon ein großer Fortschritt, wenn wir zumindest weniger Fleisch, weniger Milch und weniger Eier essen würden. 
 
Jeder Schritt zählt – und sei er noch so klein. Das gilt sowohl für Individuen als auch für gesellschaftlichen Wandel. Wir alle tragen zu den Tatsachen bei, mit denen wir früher oder später konfrontiert sind. Nutzen wir die Macht der kleinen Schritte, um diese Tatsachen zu verbessern. Denn was bringt den Tieren ein schlechtes Gewissen? Nichts. Was bringt den Tieren eine kleine Verhaltensänderung von 100, 1000 oder sogar einer Million Menschen? Eine Menge. Was hätte das wohl für eine imposante Wirkung, wenn alle Menschen in Innsbruck 5% (!) weniger Fleisch, Milch und Eier essen würden? Eine persönliche Veränderung von 5% ist so lächerlich wenig, das sie den meisten Menschen wohl überhaupt nicht auffallen würde – und doch hätte sie in der Masse einen riesigen positiven Effekt. Es wäre ein Kinderspiel, bei dem alle Beteiligten – vor allem die Tiere – auf Dauer gewinnen würden. 
 
Machen wir also gemeinsam den ersten Schritt. Denn das ist der wichtigste. Bestellen wir beim nächsten Mittagessen weniger Fleisch oder nehmen bewusst an einem Tag der Woche das vegetarische Menü. Seien wir offen und probieren mal ein veganes Gericht. Es gibt schon viele Menschen, die sich zurecht mit diesem Thema beschäftigen – und es werden täglich mehr. Lasst uns den ersten Schritt machen. Wir vom Verein gegen Tierfabriken helfen dabei gerne weiter.

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