Schlachtung mit Achtung


Na Hannah, bereit, deiner Bestimmung zugeführt zu werden?

Humane Schlachtung, Artgerechte Schlachtung,...was kommt als nächstes: Die freiweillige Schlachtung? Oder die lustige Schlachtung? Das wäre dann doch ein wenig übertrieben.
Nennen wir es lieber Schlachtung mit Achtung. Es geht zwar immer noch um das Töten von Tieren, aber diesmal reimt es sich sogar.
Also, wie funktioniert Schlachtung mit Achtung und warum wird so was gemacht?


Biobauer Karl Erlach erklärt:
"In der persönlichen Entwicklung habe ich mich entschlossen, die Schlachtung unserer Tiere selbst durchzuführen. Warum? Wir begleiten einander von der Geburt an, von der täglichen Betreuung, dem 'Aufwachsen', der gemeinsamen Freude wie Auslauf, Weide und Spielen. Aber auch der Begleitung bei Problemen wie Krankheit. Wir wachsen also gemeinsam, wir sind in einer Lebensgemeinschaft, in der wir einander ergänzen und befruchten. Allerdings wissen wir als Menschen, wofür unsere Nutztiere bestimmt sind, in diesem Fall zur Erzeugung des Lebensmittels Fleisch. [...] Die Schlachtung durch das eigene Betreuungspersonal ist für das Tier sicherlich die schonendste Art." (10)


Vorbereitung auf die Schlachtung
"Vor der Schlachtung steht die persönliche Konzentration im Vordergrund. Die Einstellung auf einen hochsensiblen Bereich besteht aus zwei Teilen, erstens der 'mechanischen Vorbereitung' [...]. Zweitens die Vorbereitung des oder der Tiere nach dem Muster, das seit Jahrtausenden den Menschen und die Tiere begleitet." (10)


Die Tiere werden nun über die anderen erhoben und ihrer Bestimmung zugeführt
"In der eigenen Konzentration und Gefasstheit werden die Tiere davon in Kenntnis gesetzt, dass sie über die anderen erhoben werden, dass sie nun ihrer Bestimmung zugeführt werden, mit dem Ersuchen, dass wir uns dann von ihnen ernähren dürfen, und der Dank dafür wird ihnen übermittelt. Dieser Vorgang dauert meist nur wenige Augenblicke. Fast immer werden die Tiere dann ruhig und gefasst. Es umströmt uns dann eine Stimmung, die tief in die Seele geht. Dann wird die Schlachtung ohne Verladen und ohne Transport fachmännisch durchgeführt. Dies ist für mich Schlachtung mit Achtung." (10)


Mein Kommentar dazu:


  1. Erlach hat also mit seinen Tieren eine Lebensgemeinschaft, in der sie sich gegenseitig ergänzen und befruchten. Meine Eltern sind auch in einer Lebensgemeinschaft, in der sie sich gegenseitig ergänzen und befruchten. Wie gut, dass deren Bestimmung eine andere ist! Wär doch schade, wenn eine tolle Lebensgemeinschaft auf so brutale Weise endet. 
     
  2. Vermutlich (reine Spekulation!) wäre es Erlachs Tieren lieber, wenn er sie überhaupt nicht über die anderen erheben und ihrer Bestimmung zuführen würde. Was passiert eigentlich, wenn die Tiere so ganz und gar nicht ihrer Bestimmung zugeführt werden wollen? Legt Erlach dann sein Messer beiseite und sagt achselzuckend: 'Na gut, dann probier ich's eben morgen noch mal.'? Ich hoffe, dass Erlach nie auf den Gedanken kommt, mich über die anderen zu erheben.
     
  3. Der Begriff Schlachtung mit Achtung ist genauso ein Widerspruch wie Humane Schlachtung oder respektvoller Mord. Ein Tier zu töten, um dessen Körper zu essen, ist genau das Gegenteil von Achtung – und zwar schlicht und ergreifend Missachtung. Eine Schlachtung ist prinzipiell Missachtung so wie eine Vergewaltigung immer und überall Missachtung bedeutet. Das Töten und Ausnehmen eines Tieres als Schlachtung mit Achtung zu bezeichnen, ist nichts anderes als beschönigend und zynisch.

Quelle
Erlach, Karl (2016): Woher und wohin mit dem Fleisch? In: Wege für eine bäuerliche Zukunft 39 (342), S. 8–10.

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