Metaethik und Tierrechtsaktivismus – Teil 1

Ich bereite mich derzeit auf eine Prüfung über Metaethik vor. Meine zentrale Frage lautet wie gewohnt: Wie kann ich dieses theoretische Wissen für den praktischen Tierrechtsaktivismus verwenden?
Ich werde daher die wichtigsten Teile des Kapitels über Metaethik vom Buch Einführung in die Ethik (2010, 2. Auflage, Facultas Verlags- und Buchhandels AG, Wien) von Herlinde Pauer-Studer zusammenfassen und aus Tierrechtsperspektive kommentieren.

Zum besseren Verständnis, was Metaethik eigentlich ist, erläutert Pauer-Studer zunächst, was es mit der normativen Ethik auf sich hat:
Das Ziel der normativen Ethik ist es, das Wesen der Moral1 und moralische Standards zu bestimmen. Zentral sind in der normativen Ethik unter anderem folgene Frage: Welche Prinzipien teilen uns eindeutig mit, was eine gute Handlung ist? (193) Anders formuliert ist der Inhalt der normativen Ethik die Beantwortung auf die Frage Was sollen wir tun? bzw. Welche Handlung ist in dieser Situation die moralisch richtige?

Auf den ersten Blick ist die normative Ethik natürlich komplett ausreichend für den praktischen Tierrechtsaktivismus, da ich hier schnell und einfach zu eindeutigen Handlungsanweisungen komme. Zum Beispiel: Handle so, dass möglichst viele Interessen der Betroffenen deiner Handlungen erfüllt werden (Präferenz-Utilitarismus)! Oder: Handle so, dass der Grundsatz deines Handelns auch Inhalt einer allgemeinen Gesetzgebung werden könnte (Kategorischer Imperativ)!

Diese Anweisungen sind – so scheint mir – für die meisten Menschen unmittelbar einsichtig. Ich brauche keine metaethischen Ausführungen, um einem Menschen klarzumachen, dass es falsch ist, wenn einem Schweinekind die Hoden ohne Betäubung abgeschnitten werden oder das Kind einer Kuhmutter entrissen wird, um ihre Milch zu verkaufen (weil, um beim Präferenz-Utilitarismus zu bleiben, fundamentale Interessen der betroffenen Tiere verletzt werden).

Es ist intuitiv klar, dass diese Handlungen falsch sind, weil sie unnötig und mit großem Leiden verbunden sind. Mir ist es auch noch nie passiert, dass mir jemand ernsthaft die Frage gestellt hat: Aber was ist denn so schlecht an unnötigem und aufgezwungenem großen Leiden? – So eine Frage stellen nur Psychopathen – und natürlich Philosophen. Wobei es sicherlich unter Philosophen auch einige Psychopathen gibt.

Praktisch steht die Frage nach der moralischen Bewertung von unnötigem und aufgezwungenem Leiden also überhaupt nicht zur Debatte. Anmerkung: Das liegt vermutlich daran, dass alle Menschen schon am eigenen Leib erfahren haben, was Leiden bedeutet und selbst wenig empathische Personen das Grundinteresse an Leidensvermeidung anderer angemessen einschätzen können.

Auf theoretischer Ebene können wir natürlich noch darüber philosophieren, was an so einem Leiden schlecht ist. Vielleicht treffe ich eines Tages tatsächich auf einen Menschen, der die Ungewolltes-und-unnötiges-Leidens-ist-schlecht-These aus philosophischen Gründen (und nicht aus psychopathischen Gründen) bezweifelt. Ich erwarte zudem, dass ich bei der Auseinandersetzung mit Metaethik auf weitere wichtige Gedanken stoße, die meinen Aktivismus befeueren können. Mit diesem Gedanken bin ich auch schon motivierter, mich überhaupt mit Metaethik zu befassen. 

 
1Das Erkennen vom Wesen der Moral hätte ich eher der Metaethik als der normativen Ethik zugeordnet, da ja in der Metaethik die grundlegeneren Fragen gestellt werden. Vielleicht finde ich in einem früheren Kapitel über die normative Ethik eine genauere Erklärung.

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